Stallatica

Heiss, aber nicht zu heiss… der richtige Moment wird kommen

Simone Porta

So viele Gedanken für eine Seillänge… aber genau das lieben wir.

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Glücklicherweise beginnt diese kurze Geschichte wie in den alten Tagen, als die sozialen Medien nicht die Hauptinspirationsquelle waren, um die von jemand anderem geposteten Klettertouren zu machen. Tatsächlich begann alles mit einem Foto, das mir ein Freund schickte: „Hättest du Interesse?“ Zunächst konnte ich auf dem Foto nur die Masten eines Strassentunnels im Vordergrund erkennen., aber dann… heranzoomen und hinschauen… Bingo!

In der Ferne erkenne ich einen prächtigen freistehenden Eisfall, schlank und rank, der wie ein Faden eine Felsterrasse und den darüber liegenden Überhang verbindet. Ich erkenne sofort die einzigartige Form und denke an Stallatica und erinnere mich an Bilder und Geschichten von der Erstbesteigung im Jahr 2009.

Damals umgab den Wasserfall eine gewisse geheimnisvolle Aura, denn nach dieser Erstbesteigung hatte sich die grosse Eissäule nicht mehr vollständig gebildet. Einige Tage nachdem ich das Bild gesehen hatte, meldete sich Fabio, einer der Erstbesteiger, bei mir und teilte mir mit, dass sich der Wasserfall nun gebildet hatte. Aufgrund einiger körperlicher Probleme und meiner beruflichen Verpflichtungen als Bergführer musste ich jedoch die Einladung zu einer Besteigung ablehnen…

Für die nächsten zwei Tage war dann auch ein starker Temperaturanstieg und ein noch stärkerer Wind vorhergesagt: zwei Bedingungen, die im Allgemeinen nicht für das Überleben eines Eisfalls dieser Art günstig sind!

Ich dachte mir: „Na ja, das richtige Wetter wird schon kommen… früher oder später… und wenn der Eisfall diese Hitzeperiode übersteht, bedeutet das, dass die Struktur solide genug für eine Begehung ist“.

Eine Woche später scheint der richtige Moment gekommen zu sein. Fabio und ich haben am selben Tag Zeit, das Wetter ist schön, und vor allem scheint der Eisfall noch an seinem Platz zu sein. Gehen wir hin und sehen nach!

Wir haben eine zweistündige Zustieg über sehr unterschiedliches Gelände vor uns: Der spannendste Moment ist, wenn wir den See überqueren müssen. Wir sind so mit Material beladen, dass wir Angst haben, darin zu versinken. Aber wir kommen an: es ist wunderschön… Wahrscheinlich eine der (wenn nicht die) höchste freistehende Eissäule* in den Alpen: ein wunderbarer Stalaktit 35/40 m hoch!

*eine Eissäule, die die Felswand, aus der sie entspringt, nicht berührt und die bis zum Boden reicht.

Wir nehmen uns ein paar Minuten Zeit, um die Eissäule aus allen Blickwinkeln anzuschauen, einige Fotos zu machen und ihre Stabilität und die mögliche Aufstiegsroute zu beurteilen. Unmittelbar unter der Stelle, an der sich das Eis an den Felsen klammert, sehen wir einen grossen Riss, der uns aber angesichts der Mächtigkeit der Säule und ihrer Basis nicht allzu sehr beunruhigt.

Das Problem scheint nun die grosse Wassermenge zu sein, die sich genau auf der logischsten Aufstiegslinie befindet, eine Verschneidung an der Vorderseite der Kerze… Es würde sich anfühlen, wie unter der Dusche. Wir können nicht von dieser Seite klettern. Ich versuche dann, eine Linie zu finden, wo das Eis trockener ist, wohl wissend, dass das Eis härter sein kann und das Klettern sportlicher und schwieriger sein wird: Ich finde diese Möglichkeit auf der anderen Seite der Kerze.

Es ist beschlossen: Ich werde diese Linie ausprobieren. Steil, aber trocken!

Mit den Eisgeräten in den Händen, den Steigeisen an den Füssen und ein paar Eisschrauben am Gurt, seile ich mich an und beginne den Aufstieg. Die ersten Schritte dienen wie immer dazu, das Vertrauen und die Harmonie mit den Elementen wiederzufinden. Wenn man sich auf dieser Art von Struktur völlig losgelöst vom Felsen bewegt, ist es so, als müsste man einen sicheren Hafen verlassen und sich auf eine vertikale Reise begeben, bis man wieder an dem Felsen ankommt, aus dem das Eis stammt.

Dort angekommen, setze ich eine Schraube in das gute Eis und entspanne mich, obwohl ich weiss, dass der schwierigste Teil vor mir steht: Ich befinde mich unterhalb eines Felsüberhangs und muss mich links ins Leere hinauslehnen und den Eisüberhang mit ein paar sportlichen Schritten überwinden… zum Glück finde ich guten Halt für die Steigeisen und befinde mich schnell auf dem senkrechten Eis oberhalb des Pfeilers.

Wir haben es geschafft!

Mit ein paar leichteren Schritten, bei denen ich das Glück geniesse, dieses Meisterwerk der Natur geklettert zu haben, erreiche ich den Platz, wo ich meinen Standplatz aufbaue: mit einem luftigen 50 m Abseilmanöver bin ich wieder bei Fabio, jetzt ist er dran, 15 Jahre nach seiner Erstbegehung!

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Vielen Dank an Martino Quadrato für die Übersetzung des Textes aus dem Italienischen ins Deutsche.

Die italienische Version des Magazinbeitrags gibt es hier:

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Publish date:
Februar 16, 2024
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