Bornes to Fly – wenig macht viel aus

Reto Reiser

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Über das Auffahrtswochenende stand der erste Wettkampf der Saison auf dem Programm, das „Bornes to Fly“ in Annecy, Frankreich. Dies ist ein Hike&Fly Wettkampf über 3 Tage, man muss wie beim Segeln Wendepunkte/Bojen in einer vorgegebenen Reihenfolge besuchen. Dies nur fliegend mit dem Gleitschirm oder zu Fuss, wobei die Ausrüstung stets selbst getragen werden muss.

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Zuerst kurz zu mir, da ich ein neues Gesicht bin im Go Vertical Team. Mein Name ist Reto Reiser, ich bin 27 Jahre alt, in Flims aufgewachsen und arbeite aktuell als Arzt in Chur. Seit bald 12 Jahren bin ich eine leidenschaftlicher Gleitschirmpilot, insbesondere die Kombination Hochlaufen und Fliegen hat es mir besonders angetan. Seit diesem Jahr werde ich hierbei von Go Vertical unterstützt. Meine Gleitschirmausrüstung besteht aus einem sehr leichtem Hochleistungs-Schirm und einem speziell für solche Rennen konzipierten Gurtzeug. Der ganze Rucksack wiegt rund 8 kg.

Diesen Winter bestand mein Training vor allem aus Skitouren, die Höhepunkte waren das Davos Skimo 3000 und die Patrouille des Glaciers. So fühlte ich mich auch gut vorbereitet für den Start in die Hike&Fly Saison. Zusammen mit meinem Supporter ging es also nach Annecy südlich von Genf, eine Region die ich noch nicht kannte. Am Tag vor dem Start wird die Route des Wettkampfes bekannt gegeben, dieses Jahr ist die Strecke 170 km (Luftlinie) lang und geht über 9 Wendepunkte.

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Am Folgetag geht’s am Morgen los, der erste Wendepunkt ist mit einem Aufstieg von rund 800 Höhenmeter nach einer Stunde bereits erreicht. Von dort geht es in der Luft weiter. Das Wetter ist perfekt, viel Sonne, wenig Wind und gute Thermik. Von den anfänglich 77 Teilnehmern können sich rund 15 an die Spitze setzen und gemeinsam erfliegen wir einen nach dem anderen Wendepunkt. In der Luft ist man natürlich viel schneller unterwegs als zu Fuss, daher muss man diese gute Thermik unbedingt so lange wie möglich ausnutzen. Nach rund 7 Stunden Flug entscheide ich mich für einen kleinen Umweg, um einer grossen Wolke mit viel Schatten auszuweichen. Dies macht sich bezahlt und so lande ich nach 8 Stunden Flug und 7 von 9 Wendepunkten als führender. Dann geht es zu joggend noch knapp 2 Stunden weiter, bis um 21 Uhr die Nachtruhe beginnt. Dafür hat jeder Athlet einen Supporter mit einem Camper dabei, damit man gerade an Ort und Stelle übernachten kann.

Am nächsten Morgen geht’s um 7 Uhr bereits wieder los, nach 90 Minuten habe ich den nächsten Wendepunkt erreicht und kann mich in eine gute Position bringen, um möglichst früh die erste Thermik zu erwischen. Einige meiner Verfolger konnten wieder zu mir aufschliessen und so wird es nochmal richtig spannend. Nach einigen kurzen Zwischenaufstiegen kann ich aber mit einem Vorsprung von rund 45 Minuten den letzten Wendepunkt erreichen und Richtung Ziel Fliegen, der Sieg scheint mir sicher. Dann meldet sich aber das Rennkomitee und macht mich darauf aufmerksam, dass ich den letzten Wendepunkt nicht korrekt erreicht habe. Beim letzten Wendepunkt musste man in einem Radius von 100m landen. Ich bin leider rund 30m neben dem Radius gelandet, dachte aber ich sei schon drin. Also musste ich, anstatt ins Ziel zu Gleiten, nochmals umkehren und den Wendepunkt korrekt nehmen. Dabei verliere ich rund 1 Stunde, was mich leider den Sieg kostete. Am Schluss reichte es für den 3. Platz.

Unter diesen Umständen bin ich natürlich sehr enttäuscht darüber. Trotzdem kann ich über auf den 3. Platz in einem so bedeutenden Wettkampf stolz sein. Ich konnte zeigen, dass ich mit den besten Piloten/Athleten mithalten kann, dies stimmt mich sehr optimistisch für die kommenden Wettkämpfe.

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Zusammen mit meinem Supporter Adrian Gabathuler
Publish date:
Juni 3, 2022
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